Die kam danach kurzzeitig aus dem Tritt, denn Schulze hat sich inzwischen zu einem Führungsspieler entwickelt. Trainer Marcel Linge bezeichnet ihn als einen „Rädelsführer“, will diese negativ besetzte Bezeichnung allerdings als positive Eigenschaft bewertet wissen. Robert mache den Mund auf, sorge für Stimmung auf dem Spielfeld, gehe dorthin, wo es weh tue. „Er ist ein Straßenhandballer“, was nichts anderes heißt, als dass Schulze rennt und kämpft und auch mal Dinge macht, die nicht unbedingt einem Handball-Lehrbuch entnommen sind.
Seit Weihnachten 2011 spielt der 22-Jährige für den LHC Cottbus. Als Spieler richtig angekommen ist er aber erst in dieser Saison. 44 Tore stehen bisher auf seinem Konto. Die Wurfeffektivität von gut 70 Prozent ist beachtlich für einen Rückraumspieler, der von sich sagt, dass er außer im Tor und auf Außen wohl überall spielen könne. „Ich habe alles gelernt, das ist vielleicht ein Vorteil für mich“, schätzt der Blondschopf ein. Das Rüstzeug hat der junge Mann aus Belzig, der seit dem dritten Schuljahr Handball spielt, auf der Sportschule und beim VfL Potsdam erworben. Er war zu Lehrgängen der Jugend-Nationalmannschaft eingeladen, gewann bei der Talentschau „Jugend trainiert für Olympia“ und spielte mit Potsdam in der 2. Bundesliga. Nach einem Kreuzbandriss lief es allerdings nicht mehr rund. Schulze fand sich mehr in der zweiten Potsdamer Mannschaft wieder als ihm lieb war. Die Chance, in Cottbus 3. Liga spielen zu können, habe den Ausschlag für den Wechsel in die Lausitz gegeben. Allerdings saß er beim LHC zunächst mehr auf der Bank, als dass er auf der Platte sein Können zeigen konnte. Bei einer Körpergröße von 182 Zentimetern („ein paar mehr wären gut“) und einem Gewicht zwischen 78 bis 82 Kilogramm („aber alles Muskelmasse“) fiel es ihm und seinen Mannschaftskameraden schwer, sich gegen Gegner mit mehr Kraft und Erfahrung durchzusetzen. Ein einmaliges Abenteuer soll die dritthöchste Spielklasse allerdings nicht gewesen sein. „Wir wollen da wieder hin“, sagt der wuselige Rückraumspieler.
Robert Schulze, der mit seiner Freundin in Cottbus lebt, studiert seit Sommer vergangenen Jahres an der BTU in Senftenberg Therapiewissenschaft und hat den Bachelor-Abschluss zum Ziel. Da kommt es schon mal vor, dass es vom Hörsaal direkt aufs Handballparkett geht. „Das ist schon anstrengend“, räumt er ein. Sich deshalb oder aus anderen Gründen zu verdrücken, ist allerdings nicht sein Ding. Beim Spiel in Bad Doberan gab er ein Beispiel. Von einem Magen-Darm-Virus geplagt, lief Schulze praktisch vom Klo aufs Parkett. Ob das mit Schuld war an der bisher einzigen Niederlage des LHC in dieser Saison, kann allerdings nur vermutet werden. „Ich habe auf jeden Fall versucht, das Beste draus zu machen“, versichert er.
Deshalb wird sich Robert Schulze auch von der Platzwunde über dem Auge nicht davon abhalten lassen, sich für das kommende Spiel sofort wieder das Trikot überzustreifen, wenn es keine medizinischen Bedenken dagegen gibt.